Kev, you're working far too many hours, we can all see that you're really stressed and I feel like I'm losing you.
Die Entwicklung der Menschheit (1932)
Einst haben die Kerls auf den Bäumen gehockt, behaart und mit böser Visage. Dann hat man sie aus dem Urwald gelockt und die Welt asphaltiert und aufgestockt, bis zur dreißigsten Etage.
Da saßen sie nun, den Flöhen entflohn, in zentralgeheizten Räumen. Da sitzen sie nun am Telefon. Und es herrscht noch genau derselbe Ton wie seinerzeit auf den Bäumen.
Sie hören weit. Sie sehen fern. Sie sind mit dem Weltall in Fühlung. Sie putzen die Zähne. Sie atmen modern. Die Erde ist ein gebildeter Stern mit sehr viel Wasserspülung.
Sie schießen die Briefschaften durch ein Rohr. Sie jagen und züchten Mikroben. Sie versehn die Natur mit allem Komfort. Sie fliegen steil in den Himmel empor und bleiben zwei Wochen oben.
Was ihre Verdauung übrigläßt, das verarbeiten sie zu Watte. Sie spalten Atome. Sie heilen Inzest. Und sie stellen durch Stiluntersuchungen fest, daß Cäsar Plattfüße hatte.
So haben sie mit dem Kopf und dem Mund Den Fortschritt der Menschheit geschaffen. Doch davon mal abgesehen und bei Lichte betrachtet sind sie im Grund noch immer die alten Affen.
Erich Kästner
Da ich gerade ein Buch von Jürgen Wertheimer lese (“Immanuel Kant: Der Magier der Vernunft in 24 Episoden”). Kant im Original ist ja relativ schwer zu lesen, deshalb Wertheimer, der Literaturwissenschaftler und kein Philosoph ist.
Sapere aude (Betone: sápere aúde[1]) ist ein lateinisches Sprichwort und bedeutet Wage es, weise zu sein.[2] Meist wird es in der Interpretation Immanuel Kants zitiert, der es 1784 zum Leitspruch der Aufklärung erklärte: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
Das Zitat stammt aus dem ersten Buch der Episteln (Briefe), die der römische Dichter Horaz 20 v. Chr. veröffentlichte (Epist. I,2,40 f.). Der erste Hexameter mit Beginn des zweiten lautet: Dímidiúm factí, qui coépit, habét: saper(e) aúde, / íncipe. Rudolf Helm übersetzt: „Eínmal begónnen ist hálb schon getán. Entschlíeß dich zur Eínsicht! / Fánge nur án!“[3]
Der erste Teil des Zitates hat selbst Sprichwort-Charakter erlangt: „Frisch gewagt ist halb gewonnen!“ In der näher an der lateinischen Form liegenden Übertragung heißt es: „Wer (erst mal) begonnen hat, hat (damit) schon zur Hälfte gehandelt!“
Der zweite Teil des Zitates besagt wörtlich „Wage es, weise zu sein!“, wobei aude der Imperativ Singular von audere (lat.: „wagen“, „wollen“, „begierig sein“) und sapere (lat.: eigentlich: „schmecken“; Wurzel: sap- = „schmecken“, „riechen“, „merken“; ahd. int-sebjan, „bemerken“; im übertragenen Sinn: „Weisheit erlangen“, „verstehen“) der Infinitiv in dieser Konstruktion ist.
Der dritte Teil: incipe ist ebenfalls ein Imperativ Singular und bedeutet: „[…] beginne!“ (von incipere)
Die Epistel, aus der der Vers stammt, handelt von den moralischen Lehren, die man aus Homers Dichtungen ziehen könne. Konkret geht es in den Versen 27–43 um das Exemplum des Antinoos und der anderen Freier der Penelope, die unter Feiern und Nichtstun in Odysseus’ Palast in den Tag hineinlebten, bis dieser nach Hause kam und sie alle umbrachte.
Aude sapere – Wage zu wissen bzw. Sapere Aude
… stand in großen Lettern über dem Tor der Schule, in die der junge Samuel Hahnemann dank der Unterstützung eines Gönners gehen durfte - seine Eltern konnten das Geld für eine höhere Schule nicht aufbringen. Hahnemann selbst benutzte in seinen Veröffentlichungen die umgekehrte Form AUDE SAPERE, bestimmt hat er sich dabei etwas gedacht.
„Aude” heißt nimm’ Dir ein Herz, wage es, „sapere” dagegen wurde unterschiedlich übersetzt: In der Zeit der Aufklärung etwa als „Wage, zu wissen” oder „Wage, Deinen Verstand zu gebrauchen”. Im ursprünglichen Sinne bedeutet das Verb „sapere” soviel wie: Schmecken, eine Erfahrung machen, sich auf etwas einlassen, eine Einsicht gewinnen. Das Substantiv „sapientia” bedeutet soviel wie Klugheit, Weisheit oder Lebensweisheit.
Vermutlich kannte Hahnemann die gängige Übersetzung von „sapere aude” des Philosophen und Theoretikers Kant „Wage, Deinen Verstand zu gebrauchen” und wollte als Praktiker und Empiriker, der er war, durch das Vertauschen der Reihenfolge die Betonung der Worte verändern: Der Schwerpunkt liegt nun auf dem Wort „aude”, somit können wir es mit „Wage es, Lebensweisheit zu erfahren” im Sinne von „Nimm Dir ein Herz - mach es, schmecke mit all Deinen Sinnen hinein in die Lebensweisheit, um sie wahrhaftig zu erfahren” vielleicht am treffendsten umschreiben.
2024-01-24 @ 11:14:45
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